Zürich, 9. April 2020 Die Covid-19-Krise wirkte sich markant auf das Informationsverhalten der SchweizerInnen aus. Trotz generell höherem Medienkonsum wurde das Umfeld für Bezahlmedien im Vergleich zu Gratiszeitungen oder Radio/TV mit automatischem Gebühreneinzug deutlich härter. Denn nicht nur der Wegfall von Inseraten musste verschmerzt werden, eine digitale Paywall aktiviert unmittelbar das „Bestrafungszentrum“ im Gehirn. Lässt sich das (Informations)-Angebot anderorts günstiger oder gratis zu finden, springt der potentielle (Neu-)Kunde kurz vor dem Ziel noch ab. Analysiert man die Mediennutzung weiter auf Basis der limbischen Motiv- und Wertestruktur zeigt sich, dass Sonntags- oder Wirtschaftszeitungen bei insgesamt schlechteren Nutzungswerten von ihren limbischen Kernzielgruppen jedoch während der Krise deutlich häufiger genutzt wurden als vorher.
Danach gefragt, welche Medienkanäle während Corona mehr (Top-2-Box), gleich oft oder weniger häufig (Bottom-2-Box, 5-stufige Skala) konsumiert wurden, zeigen sich auf Basis Segmentierung nach neurowissenschaftlichen Grundsätzen interessante Unterschiede. Online-Zeitungen wurden von 53% der Bevölkerung häufiger gelesen, jedoch ohne signifikante Unterschiede zwischen den limbischen Typen. Beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen (54% schauten mehr) zeigen sich hingegen spannende Unterschiede.
Öffentlich-rechtliches TV: Zuwachs bei Performern, Disziplinierten und Bewahrern
Performer (hohe Dominanz), Disziplinierte (hohe Dominanz und Balance) und Bewahrer (hohe Balance) schauten signifikant öfter öffentlich-rechtliches Fernsehen als Hedonisten (hohe Stimulanz) und Pioniere (hohe Stimulanz und Dominanz).
Das öffentlich-rechtliche TV spricht mit seinen Beiträgen insbesondere stark das traditionell orientierte Balance-Publikum an (der grösste Bevölkerungsteil der Schweiz), welches auf Basis von dessen Motiv- und Werte-Struktur Angst und Unsicherheiten vermeiden möchte, innere und äussere Stabilität, Sicherheit und Konstanz braucht. Die Angst - insbesondere vor Krankheiten, Viren und Keimen - beflügelt deren Medien-Interesse.
Das Dominanz-Publikum hingegen ist grundsätzlich deutlich Medien-Affiner als andere limbische Typen und interessiert sich auf Basis von deren Motiv- und Wertestruktur insbesondere für die politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Implikationen der Covid-19-Massnahmen.
Signifikanter Rückgang bei stimulanten Personen
Der höchste Anteil jener Menschen, die während der Krise fast alle Medien weniger oft konsumieren als vorher, sind solche mit hohem Stimulanz-Anteil. Da Abwechslung und der Wunsch nach Neuem ein wichtiger Teil von deren Persönlichkeitsstruktur ausmacht und sich stimulante Personen grundsätzlich weniger ängstigen als limbische Typen mit hohem Balance-Anteil, können Corona-Themen sie nur kurzfristig zu einem höheren Medienkonsum animieren.
Um die Einschränkungen und Monotonie der Selbst-Quarantäne dennoch zu überstehen, gehören Pioniere (hohe Dominanz und Stimulanz) und Harmoniser (hohe Balance und Stimulanz) zu den Bevölkerungsgruppen, die am meisten Streaming-Dienstleistungen nutzen, insbesondere signifikant öfter als Bewahrer und Hedonisten. Die jeweils gestreamten Serien und Filme dürften sich bei Harmonisern und Pionieren aufgrund gegensätzlicher Motiv- und Wertehaltung jedoch diametral unterscheiden.
Medienmarken unter der limbischen Lupe
Zeitungen und Zeitschriften wurden von Performern (Dominanz) und Disziplinierten (Dominanz-Balance) während der Krise signifikant häufiger gelesen als von Bewahrern (Balance), Harmonisern (Balance-Stimulanz) und Hedonisten (Stimulanz). Auch hier liegt die Erklärung zum gesteigerten Interesse beim Informationsbedürfnis der Performer zu Wirtschaft, Politik und Finanzen. Disziplinierte suchen zusätzlich aufgrund deren hohen Balance-Anteils und der daraus entspringenden Angst vor Krankheiten und Viren faktenbasierter Covid-19-Hintergrundberichte.
Paywall als Bestrafung
Bezahlzeitungen und -zeitschriften leiden besonders unter der Krise. Denn der Paywall Online aktiviert das „Bestrafungs-Modul“ im Hirn, welches sich insbesondere auf die Nutzung bei Personen mit hoher Balance-Instruktion – der grössten Bevölkerungsgruppe – negativ auswirkt. Diese Personen orientieren sich aufgrund der einfachen Verfügbarkeit über Gratismedien.
Ein kleiner Trost für gewisse Bezahlzeitungen und -zeitschriften: Bei den medial interessierten limbischen Kernzielgruppen, konnten auch sie etwas zulegen, was ein gutes Werbeargument für Kunden mit passenden limbischen Zielgruppen ist.
Sonntags Zeitung (netto -2%)
Performer (netto +12%) lesen die Zeitung häufiger als alle anderen limbischen Gruppen. Insbesondere Hedonisten (-19%), Pioniere (-15%) und Bewahrer (-8%) haben
ihren Konsum reduziert.
Finanz und Wirtschaft (netto -3%)
Häufiger (netto +5%) lesen Performer die Finanz und Wirtschaft, deutlich weniger häufig die Bewahrer (-11%).
NZZ am Sonntag (netto – 4%)
Netto häufiger (+11%) lesen Performer und Hedonisten (+3%) diese Zeitung als Bewahrer
(-6%).
Die repräsentative Studie «Corona und Mediennutzung» wurde durch die unabhängige Marktforscherin Ursula Kaspar gemeinsam mit dem Institut für limbische Kommunikation bei 761 Personen zwischen 14 und 69 Jahren in der Deutschschweiz durchgeführt. Die Interviews wurden zwischen dem 31. März und 7. April 2020 über das ISO26362-zertifizierte Online-Panel Gapfish mittel CAWI-Interviews erhoben. Der maximale Fehlerbereich des Stichprobenfehlers beträgt +/- 3.1%.
Zürich, 14. April 2020 Die aktuelle Situation beutelt viele Bereiche der Wirtschaft, insbesondere jene, die zur Eindämmung des Covid19-Virus ihre Geschäfte vorübergehend schliessen mussten. Doch wie sieht die Konsumwelt nach Corona aus? Zwei von drei Schweizerinnen und Schweizer planen im Vergleich zu vorher, vermehrt lokale Anbieter und heimische Produkte zu berücksichtigen. Und auch die Einkaufläden sollen wieder Aufwind bekommen: Jede Zweite möchte nach der Krise öfter wieder «richtig» einkaufen gehen. Drei von 10 Personen prüfen und nutzen überdies bereits jetzt, ob sowohl Lieblingsgeschäfte als auch bislang nicht genutzte Lokalunternehmen ihre Güter neu liefern. Diese und weitere Fragen beleuchtet die repräsentative Studie «Corona und Wirtschaft» der unabhängigen Marktforscherin Ursula Kaspar, bei 1'012 Personen zwischen 14 und 69 Jahren in der Deutsch- und Westschweiz.
Der erzwungene Konsumverzicht birgt auch positives: Denn Herr und Frau Schweizer zeigen Solidarität und schmieden bereits jetzt fleissig Pläne für die «Zeit danach». Zwei Drittel der Schweizerinnen und Schweizer planen nach Corona im Vergleich zu vorher, vermehrt lokale Anbieter zu berücksichtigen (67%, Top-2-Box-Wert viel/eher häufiger, 5-stufige Skala) bzw. heimische Produkte zu kaufen (66%). Öfter mal Ausflüge im Inland zu machen, steht bei 46 Prozent auf dem Programm. Signifikant mehr Frauen (51%, Männer 41%) planen, künftig häufiger wieder ihre Einkäufe in Einkaufsgeschäften zu tätigen. Rund ein Drittel (36%) plant, die Art und Weise, wie sie das Gesundheitssystem künftig nutzen (z.B. Besuch der Notaufnahme bei geringfügigen Gesundheitsproblemen) zu überdenken/anzupassen.
Solidarität mittels punktuell höheren Preisen und häufigerem Konsum
Die Solidarität mit kleinen Geschäften (z.B. Coiffeur), die einen Einkommensausfall nicht mehr wettmachen können, ist gross. Vier von zehn SchweizerInnen (Frauen 46% (sign.), Männer 37%) sind (eher) bereit, etwas höhere Preise für diese Leistungen zu bezahlen. Und auch Restaurants, Bars und Cafés dürfen auf einen grösseren «Ansturm» nach Corona als noch vorher hoffen. Denn jede/r Dritte plant, wieder häufiger in Bars/Restaurants/Cafés zu gehen) (Frauen 36 % (sign)., Männer 30%). Jede/r Vierte plant, nach der Krise häufiger Konzerte und Kulturveranstaltungen zu besuchen, 23 Prozent werden grundsätzlich mehr ausser Haus konsumieren als zuvor.
Lieferoption als Chance zur Neukundengewinnung
Danach gefragt, was die Schweizerinnen und Schweizer jetzt während der Krise unternehmen, um davon betroffene Unternehmensbereiche zu unterstützen, geben drei von zehn SchweizerInnen an proaktiv zu prüfen, ob bislang genutzte Unternehmen liefern und nutzen diesen Service. Fast ebenso viele nutzen neu lokale Unternehmen, die bislang nicht berücksichtigt wurden, wenn diese Lieferoptionen bieten. Rund ein Viertel bestellt über Bestellplattformen, wie z.B. Eat.ch oder Fleurop, die mit lokalen Dienstleistern und Produzenten zusammenarbeiten. 17 Prozent bieten ihre Arbeitskraft da an, wo aufgrund der aktuellen Situation Not am Mann und der Frau sind (z.B. Lieferdienst, Erntehelfer). Jede und jeder zehnte kauft jetzt Gutscheine für die spätere Nutzung, um den Geldfluss bei Coiffeur oder Boutique im Gang zu halten. Rund 35% unternehmen nichts Besonderes.
Es wird gehofft: Bis zu den Sommerferien ist die Krise bei uns vorbei
Nur gerade jeder und jede zwölfte glauben, dass die aktuelle Krise und entsprechenden Massnahmen bereits ab dem 20. April gelockert werden, 6 von 10 Schweizerinnen und Schweizer erwarten hingegen, dass sie bis zu den Sommerferien dauert. 18 Prozent denken, dass die Lage sich bis zum Herbst normalisiert und 7 Prozent fürchten, dass es bis Ende Jahr oder gar länger dauert. 5 Prozent befürchten, dass es nie wieder so sein wird, wie vor Corona.
Für Europa wird ein leicht pessimistischeres Szenario erwartet. Nur 3 Prozent erwarten, dass die Krise bis 19. April vorbei ist, 34 Prozent bis zu den Sommerferien, 30 Prozent bis Herbst und 21 Prozent bis mindestens Ende Jahr oder länger.
Mit Blick auf Asien sind 15 Prozent optimistisch, dass die Krise bis zum 19. April vorbei ist, 33 Prozent bis zu den Sommerferien, 14 Prozent bis Herbst und 18 Prozent bis Ende Jahr und länger.
Die Lage der USA und der restlichen Welt wird insgesamt schwieriger eingeschätzt: Nur 15 Prozent glauben, dass die Krise in den USA bis spätestens zu den Sommerferien überstanden ist, 29 Prozent bis zum Herbst und 38 Prozent bis frühestens Ende Jahr bzw. gar länger. Für die restliche Welt erwarten 16 Prozent eine Fortdauer der Krise und Massnahmen bis spätestens zu den Sommerferien, 21 Prozent bis zum Herbst und für 39 Prozent bis frühestens Ende Jahr bzw. gar länger.
Ansteckungen im Familien- und Freundeskreis als grösste Angst
Nach deren Ängsten im Zusammenhang mit der Corona-Krise befragt, rangiert auf dem ersten Rang bei sechs von zehn Schweizern eine Ansteckung im Familien- und Freundeskreis und deren möglichen Folgen. Die Angst vor einer eigenen Ansteckung (35 Prozent) liegt fast gleichauf wie die zweitgrösste Angst, dem «Zusammenbruch des Gesundheitssystems» (36 Prozent). Ein Drittel fürchtet die persönlichen finanziellen Folgen aufgrund Geschäftsausfall oder Kurzarbeit und 31 Prozent befürchten eine weitere Corona-Welle. Rezession oder ein totales Ausgehverbot wird von einem Viertel als Angstfaktor angegeben, künftige Einschränkungen beim Reisen oder Jobverlust von 23 Prozent. Eine länger dauernde Beschneidung der persönlichen Rechte beunruhigt 22 Prozent, wirtschaftliche Folgen an den Börsen 17 Prozent. Einsamkeit oder Langeweile machen je 14 Prozent Angst, dass nichts mehr so sein wird wie vorher 13 Prozent. Die grundsätzliche Abhängigkeit von Dritten bei einer möglichen Ansteckung beunruhigt jede und jeden achten.
Die repräsentative Studie «Corona & Wirtschaft» wurde durch die selbständige Marktforscherin Ursula Kaspar bei 1'012 Personen zwischen 14 und 69 Jahren der Deutsch- und Westschweiz durchgeführt. Die Interviews wurden zwischen dem 31. März und 7. April 2020 über das ISO26362-zertifizierte Online-Panel Gapfish mittel CAWI-Interviews erhoben. Der maximale Fehlerbereich des Stichprobenfehlers beträgt +/- 3.1%.